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Dienstag, 13. Dezember 2011

Unser täglich Ablasshandel gib uns heute oder "Kohle her mit CO2"

Aloha Freunde,

das System wird aber auch jeden Tag immer schlampiger. Ich dachte, die geben sich noch Mühe ihre Pläne wenigstens zu verschleiern. Selbst die neuesten Abzock-Methoden sind nur nur albern.
Tja, Pisa-Studie macht auch in den höheren Etagen nichts mehr her.

CO2 Zertifikate,
das seltsame Geschäft mit den Klima-Spenden oder – die moderne Version des Ablasshandels, ein Bombengeschäft.


Der Handel mit CO2-Zertifikaten ist eine Goldgrube für die Hilfswerke. Doch das meiste Geld verschlingt ein bürokratischer Apparat, dessen Hauptzweck die Erhaltung seiner selbst ist. Der Umwelt bringt der vom Staat mitfinanzierte Ablasshandel praktisch nichts.

Von Alex Baur

In * Nongovernmental organization; Quelle: Die Weltwoche

Per Extrazug will der Schweizer Verkehrs- und Umweltminister Moritz Leuenberger (SP) nächste Woche zur Klimakonferenz nach Kopenhagen reisen. Das macht sich gut, doch es ist die Ausnahme, welche von der Regel ablenken soll. Normalerweise jetten Leuenberger und seine Beamten per Flugzeug zu den internationalen Umweltforen, -kongressen und -konferenzen. Und das in steigender Kadenz. In keinem anderen Departement haben die dienstlichen Flugreisen derart zugenommen wie in Leuenbergers Uvek.
Jeder Uvek-Mitarbeiter (Putzfrauen inklusive) legte im letzten Jahr durchschnittlich 4070 Flugkilometer auf Kosten des Steuerzahlers zurück. Gegenüber 2006 ist das eine Steigerung um 12 Prozent. Nur die Beamten von Aussenministerin Micheline Calmy-Rey (SP) kommen auf einen noch höheren Schnitt von 17 502 Flugkilometern (+3%), die im Ausland stationierten Mitarbeiter notabene nicht mit eingerechnet. Alle anderen Departemente haben ihr Niveau dagegen gehalten oder sogar gespart. Bei der Armee wurden die jährlichen Dienstflüge im gleichen Zeitraum noch unter Samuel Schmid (BDP) um 18 Prozent auf 353 Personenkilometer reduziert, beim Justizdepartement unter Christoph Blocher (SVP) und dessen Nachfolgerin Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) gar um 30 Prozent auf 2125 Kilometer.


Leuenbergers teure Zaubertricks

Auf dem Papier weisen die Vielflieger Leuenberger und Calmy-Rey gleichwohl eine positive Umweltbilanz auf. Mit einem simplen buchhalterischen Trick schafften es die beiden SP-Bundesräte, die Zunahme des CO2-Ausstosses ihrer Ämter in eine vermeintliche Reduktion um sagenhafte 12 bis 16 Prozent zu verkehren: Sie kauften — auf Kosten des Steuerzahlers natürlich — die verpufften Tonnen CO2 in Form von sogenannten Zertifikaten zurück. Diese Papiere sollen belegen, dass irgendwo auf der Welt eine bestimmte Menge von klimaschädlichen CO2-Emissionen abgebaut oder eingespart wurde.
Während Calmy-Rey die billigeren «Kioto-Zertifikate» bevorzugt, setzt Leuenberger auf die qualitativ angeblich besonders hochstehenden, dafür aber sündhaft teuren CO2-Zertifikate von Myclimate. Myclimate ist eine privatrechtliche Organisation mit Sitz in Zürich, an deren Entstehung Leuenberger beteiligt war und deren Geschäfte er über ein Patronatskomitee ideell (Motto: «Starkes Bekenntnis zum Klimawandel») begleitet. Für jede Tonne CO2, die Leuenberger und seine Funktionäre beim Fliegen freisetzen, erhält
Myclimate 37 Franken. Insgesamt wandte der Bund 2008 rund eine halbe Million Franken für sogenannte «Klimatickets» auf. Rot-grün regierte Städte wie Basel und Zürich lassen ihre Vertreter längst «klimaneutral» fliegen. Der Druck auf die anderen steigt. Im letzten Mai rüffelte der Tages-Anzeiger die Zürcher Kantonsregierung, weil sie auf den Kauf von «sauberen» Flugtickets verzichte («Mit dem Bekenntnis zum Umweltschutz nimmt es die Zürcher Regierung bei sich selber nicht so genau»).
Noch zahlen allerdings nicht alle Bundesämter. Vor zwei Jahren scheiterte Leuenberger im Bundesrat beim Versuch, die CO2-Kompensation für die ganze Verwaltung einzuführen. Gut möglich, dass sich der Umweltminister vor allem selber absichern wollte. Als Jurist muss er wissen, dass sachfremde Zuwendungen an eine private Organisation aus der Staatskasse an sich illegal sind. Dies, zumal sich Myclimate nicht auf die Kompensation von CO2 beschränkt, die anderswo für einen Bruchteil des Geldes zu haben wäre, sondern darüber hinaus politisch und ideologisch klar definierte Ziele verfolgt.


Professorale Idee im Flugzeug

Die Idee zur Gründung von Myclimate entstand anlässlich einer Flugreise von ETH-Professoren zu einem Öko-Kongress in Costa Rica. Seit ihrem Start-up im Jahr 2006 weist die nicht gewinnorientierte Firma spektakuläre Zuwachsraten auf. Im Vorjahr verdoppelte sie den Umsatz erneut auf 8,3 Millionen Franken. Die Zahl der Mitarbeiter stieg auf über 30. Rund die Hälfte der Einnahmen stammen vom Staat oder von Grossfirmen. Rund zehn Prozent des Umsatzes (885 888 Franken) gibt Myclimate für «Klimabildung» aus. Mit dem Geld werden Programme und Lehrmittel finanziert, die an die Staatsschulen gebracht werden und dem Kind «altersgerecht und auf spielerische Art» von klein auf den Klimawandel als allgegenwärtige menschgemachte Bedrohung nahebringen sollen. Der Rest des Geldes ist für ökologische Entwicklungsprojekte und CO2-Kompensation bestimmt.
Myclimate ist eine klassische NGO (siehe Kasten, Seite 38). Der typische Mitarbeiter radelt mit dem Velo ins Büro, hat die Woz abonniert und an einer Universität studiert, legt Wert auf chlorfreies Umweltpapier und ist oft an globalen Kongressen anzutreffen, wo man über Nachhaltigkeit debattiert. Die Branche erlebt zurzeit eine sagenhafte Bonanza. Eine Studie* zählte im letzten Jahr 182 international tätige Organisationen, die unter dem Titel «freiwillige CO2-Kompensation» insgesamt 704,8 Millionen Franken – im Vorjahr waren es noch 335 Millionen – für ökologische Hilfsprojekte in den Entwicklungsländern eingetrieben haben. Abenteuerlich sind auch die Preise: Dieselbe Tonne CO2, die beim Discounter für $ 1.20 Dollar zu haben ist, kostet beim Luxusanbieter $ 46.90. Myclimate liegt mit 37 Franken im oberen Preissegment.
Weniger erfreulich sieht die Erfolgsrechnung von Myclimate auf der Ausgabenseite aus. Während die Kosten für das Personal von 0,6 auf 1,4 Millionen Franken gestiegen sind, belaufen sich die Ausgaben für konkrete Projekte zur CO2-Reduktion auf magere 2,7 Millionen Franken. 5,2 Millionen Franken lagern in einem Fonds, mit dem künftige Projekte finanziert werden sollen. Gemäss den Statuten muss das Geld innerhalb von zwei Jahren ausgegeben werden. Das Problem gilt als notorisch im NGO-Business: Das Eintreiben von Spendengeldern ist für die meisten Hilfswerke ungleich einfacher als das Ausgeben. Damit steigt naturgemäss die Gefahr, dass Gelder in fragwürdige Projekte fliessen.
Myclimate rühmt sich, lediglich 20 Prozent des Umsatzes für die Verwaltung aufzuwenden. Gemäss einer Erhebung von Tufts Climate Initiative ist dies ein Erfolg. Bei gewinnorientierten Zertifikat-Händlern wie Carbon Neutral oder Cleanairpass ist das Verhältnis genau umgekehrt: 23 bis 25 Prozent fürs Klima, der Rest fliesst in die eigene Tasche. Schaut man sich allerdings die Projekte von Myclimate etwas genauer an, tun sich Abgründe auf.


Holzkocher als Ladenhüter

Wie Recherchen der Weltwoche am Beispiel des Projektes Qori Q’oncha zeigen, versickert auch bei Myclimate das meiste Geld in einem schwer überschaubaren bürokratischen Geflecht von Unterorganisationen. Bei einer ehrlichen Rechnung steht die Schweizer «Qualitäts-NGO» kaum besser da als ihre Konkurrenz. Und nicht nur das. Mit dem Qori-Qoncha-Projekt, das in den peruanischen Anden über sieben Jahre den Ausstoss von 140 000 bis 175 000 Tonnen CO2 im Wert von 5,2 Millionen Franken verhindert haben soll, wird in Wahrheit kein Gramm des Klimagases eingespart.
Qori Q’oncha ist eines von weltweit 18 Projekten und könnte gemäss Eigenwerbung von Myclimate ohne das Geld aus der Schweiz «in dieser Grösse nicht realisiert» werden. Allein schon diese Behauptung ist eine Irreführung an der Grenze zur Lüge. Das Projekt hat die Einsparung von Brennholz in den Hochanden von Peru zum Ziel und wird von drei lokalen NGOs umgesetzt. Der grösste Partner, das Hilfswerk Sembrando, befindet sich fest in der Hand von Perus First Lady Pilar Nores de García und gilt als Wahlkampf-Instrument der regierenden sozialdemokratischen Apra-Partei. Der zweite Partner, Pro Perú, ist Teil der Organisation Pro World, die sich mit Abenteuerreisen und Auslandeinsätzen für junge Studienabgänger aus den USA und Grossbritannien ebenfalls selber finanziert. Hinter Adra, dem dritten Partner, steht die adventistische Kirche; ihr Projekt wird bereits von einer Minenbaufirma gesponsert. Fazit: Das Geld aus der Schweiz ist den weder politisch noch konfessionell unabhängigen lokalen Hilfswerken willkommen, darauf angewiesen ist aber keines von ihnen.
Die verbesserten Holzkocher, die Myclimate unter dem Titel Qori Q’oncha als Innovation anpreist, gehören in Tat und Wahrheit zu den Ladenhütern der peruanischen NGO-Industrie. Deutsche Entwicklungshelfer hatten solche Projekte bereits in den 1970er Jahren breit lanciert. Ursprünglich ging es um die Gesundheit. Weil die Indio-Bauern auf dem Land meist auf offenem Feuer kochen, atmen sie tagaus, tagein den giftigen Rauch ein. Viele Hilfswerke haben den Indios seither Kochnischen aus Lehm mit Kamin in ihre Hütten gestellt. Kaum ein Projekt hatte Bestand, die meisten verschwanden sang- und klanglos.


Ende der Lagerfeuer-Romantik

Am Geld lag es nicht. Die aus Lehm gefertigten Kochnischen kosten gerade mal 20 Franken. Das Problem liegt bei den konservativen Indio-Bauern, die partout nicht auf das traditionelle Lagerfeuer in ihren kargen Hütten verzichten mögen. Dafür gibt es auch praktische Erklärungen. Das offene Feuer spendet Licht und Wärme, der Rauch vertreibt das Ungeziefer. Weil die Bauern ihr Brennholz in der Regel nicht trocknen, kann es zu Kaminbränden kommen. Bei strohgedeckten Häusern besteht zudem die Gefahr eines Funkenwurfs. Wegen der Kamine, so erzählen Bauern, seien schon ganze Dörfer niedergebrannt.
Die Holzkocher wurden über die Jahre unter wechselnden Titeln verkauft: Armut, Frauen, Kinder, Ökologie, was halt gerade Mode war in der NGO-Branche. Aktuell ist CO2 im Trend. Wird der Herd korrekt genutzt, lässt sich der Verbrauch an Brennholz um die Hälfte reduzieren. Theoretiker haben ein Sparpotenzial von jährlich bis zu zwei Tonnen CO2 pro Haushalt errechnet. In der Praxis werden die Kocher aber, sofern überhaupt, kaum fachgerecht benutzt. Dazu müsste die Luftzufuhr kontrolliert und trockenes Holz verwendet werden. Beides lässt sich bei den Kleinbauern, die von der Hand in den Mund leben, bislang nicht umsetzen.
Die CO2-Rechnung geht aber vor allem nicht auf, weil es in den Hochanden schon lange keine natürlichen Wälder mehr gibt, die man schützen könnte. In aller Regel pflanzen die Bauern für ihren täglichen Energiebedarf schnell wachsende Eukalyptus-Bäume an. Brauchen sie weniger Brennholz, pflanzen sie einfach weniger an. Doch die Bewirtschaftung von Holz ist klimaneutral: Beim Wachstum der Bäume wird exakt so viel CO2 gebunden, wie bei deren Verbrennung wieder freigesetzt wird. Mit anderen Worten: Die neuen Kochnischen mögen gut sein für die Gesundheit – doch damit lässt sich kein Gramm CO2 einsparen. Die Modellrechnung von Myclimate ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht.
Im letzten Oktober habe ich Jaime Olave, einen Mitarbeiter von Pro Perú, einen Tag lang bei der Arbeit in der Gegend der alten Inka-Metropole Cuzco begleitet. Unter der Leitung des 37-jährigen Peruaners installieren sechs Volontäre, zumeist junge Amerikaner, Qori-Q’oncha-Kocher. Zwei Kochnischen samt Kamin schafft die Gruppe, sofern alles rund läuft, an einem Tag. In Umanes, einem Weiler auf halber Strecke zwischen Cuzco und Urubamba, beteiligte sich rund die Hälfte der Einwohner am Projekt. Damit erhalten sie auch Zugang zum Gesundheitsprojekt von Pro Perú. 42 Herde wurden bislang installiert. Etwa zwei Drittel davon werden genutzt, wie ein Besuch vor Ort zeigte.


50 Prozent Erfolgsquote

Es gibt aber auch Hütten, in denen die Frauen neben dem alten Herd ihre alten Feuerstellen wieder aufgebaut haben. Etwa bei Eusebia. Die Indio-Frau lächelt verschämt: «Heute hatte ich es eilig, die Kinder mussten zur Schule, aber morgen werde ich den Qori Q’oncha sicher benutzen.» Jaime, ein Mestize, der nicht nur die Sprache der Indios versteht, sondern auch ihre Mentalität, weiss, dass «morgen» irgendwann oder auch nie bedeuten kann. Unermüdlich versucht er, die skeptischen Frauen vom neuen System zu überzeugen: «Der Rauch vom offenen Feuer, das ist, wie wenn du zwei Schachteln Zigaretten am Tag rauchen würdest.» Eusebia nickt eifrig. Doch Jaime macht sich keine Illusionen. «Wenn die Hälfte der Herde in einem Jahr noch da ist», seufzt er später, «ist das ein Erfolg.»
Jaime verdient monatlich rund 400 Franken, für peruanische Verhältnisse ein anständiges Salär. Neben dem obligaten Büropersonal (Direktion, Administration, Sekretariat, Sicherheit, Buchhaltung, Empfang) beschäftigt Pro Perú drei Mitarbeiter, die mit den Volontären verschiedene Projekte umsetzen. Im Zentrum steht die Gesundheit der Bauern: sauberes Trinkwasser, medizinische Grundversorgung. Jaime ist für die Holzkocher zuständig. Sobald die Qualitätsprüfungen durch die Firmen Gold Standard und TÜV Nord vorliegen, die demnächst abgeschlossen sein sollten, wird das Projekt durch Myclimate nachfinanziert.
An dieser Stelle ist eine Rechnung fällig (siehe Grafik, Seite 41): Bei einem Tarif von 37 Franken pro Tonne CO2 kassiert Myclimate für das Küchenprojekt 5,2 Millionen Franken. Nach dem Abzug von 20 Prozent für die Administration gehen gemäss Recherchen der Weltwoche, die von Myclimate bestätigt wurden, weitere 10 Prozent an die Firmen Gold Standard (Zertifizierung) und TÜV Nord (Controlling). Nochmal 25 Prozent kassiert die Firma Microsol, die das Projekt entwickelt und an Myclimate vermittelt hat. Für die lokalen NGOs bleiben unter dem Strich 1,94 Millionen übrig. Doch auch dieses Geld fliesst zum grössten Teil in den Verwaltungsapparat. Was bei den Indio-Bauern in den Hochanden von den ursprünglichen 5,2 Millionen effektiv ankommt, sind theoretisch 38 000 Kochnischen im Wert von 760 000 Franken. Das sind nicht einmal 15 Prozent des Gesamtbetrags. Doch sogar das erscheint mehr als fraglich.
Pro Perú will letztes Jahr 1200 Küchen erstellt haben. Dieses Jahr sollen 800 dazukommen. Bei aller Sympathie für Jaimes Engagement – die Zahlen können nicht stimmen. Berücksichtigt man das umfangreiche Arbeitsprogramm der Gruppe, kann sie bestenfalls an zwei Tagen pro Woche zwei Kochnischen bauen. Da das Jahr auch in Peru bloss 52 Wochen hat, ergeben sich daraus im allerbesten Fall 200 Herde. Das Problem liegt wohl bei den Vorgaben: Wer nicht 1000 Einheiten schafft, wird gar nicht erst ins Qori-Qoncha-Programm aufgenommen. Der vermeintliche CO2-Ertrag wäre zu gering.›››
Die Manipulationen von Erfolgszahlen sind ein bekanntes Laster der NGO-Branche. Myclimate legt deshalb Wert darauf, dass einer ihrer Mitarbeiter mindestens einmal pro Jahr (klimaneutral) nach Peru fliegt und die Projekte vor Ort begutachtet. Was will ein von Zeitverschiebung und Höhenkoller (die Gegend liegt zwischen 3000 und 4000 Meter über Meer) geplagter Besucher aus der Schweiz, der die Sprache der Indios kaum versteht, in ein paar Tagen schon prüfen? Gewiss, externe Revisoren der Firmen Gold Standard und TÜV Nord zertifizieren und kontrollieren die Projekte vor Ort. Doch was heisst schon Kontrolle in einer rudimentär erschlossenen Weltgegend, wo die Wege keine Namen, die Häuser keine Nummern und viele Menschen nicht mal einen Geburtsschein haben?


25 Prozent Provision für Vermittler

Die Koordination zwischen Myclimate und den lokalen NGOs besorgt die Microsol GmbH mit Sitz in Lima und Paris. Dafür verlangt Microsol 25 Prozent des Umsatzes, den branchenüblichen Tarif. Ohne lokale Vermittler lassen sich solche Projekte kaum umsetzen. Microsol erledigt auch den ganzen Papierkram. Und der ist gewaltig. Die Herstellung von CO2-Zertifikaten ist ein langwieriges und komplexes Unterfangen. Wer die «Qualitätskriterien» von Gold Standard erfüllen will, muss genau wissen, was die Zertifizierer sehen und lesen wollen. Ob und wie die Organigramme, Strategie- und Grundsatzpapiere, Statistiken und Berechnungen in der Realität umgesetzt werden, ist eine andere Frage. Für die Finanzierung reicht es, wenn das Projekt auf dem Papier überzeugt und alle Parameter eingehalten werden. Fliesst das Geld einmal, wird kaum je ein Projekt gestoppt. Die Geldgeber würden sich damit selber desavouieren.
Arthur Laurent, den Direktor von Microsol, treffe ich in Cuzco. Der 26-jährige Franzose hat sich im Centro Fray Bartolomé de las Casas eingemietet, dem wichtigsten Treffpunkt der lokalen NGO-Branche unter der Schirmherrschaft der katholischen Kirche. Laurent hat an der Elite-Universität Paris Dauphine Ökonomie studiert und eine Doktorarbeit über den Handel mit Öko-Zertifikaten verfasst. Zusammen mit einem Partner, der die Kundschaft in Europa betreut, gründete er im letzten Jahr die Microsol GmbH, eine gewinnorientierte Firma. Noch haben die beiden mit Qori Q’oncha kaum Geld verdient. Der Zahltag kommt mit der Zertifizierung. Dann lässt sich das Projekt beliebig vervielfältigen, werden sich die Investitionen um ein Mehrfaches auszahlen.
Im «Centro» wird soeben ein Forum abgehalten: Die Hilfswerke mobilisieren gegen den Bau des Inambari-Wasserkraftwerkes im Amazonasbecken. Anwohner sind vom 4-Milliarden-Dollar-Projekt kaum betroffen, der Stein des Anstosses sind 410 Quadratkilometer Tropenwald, die unter Wasser gesetzt würden. Scheitert das Megaprojekt, müsste Peru neue Gaskraftwerke bauen, doch die Regierung möchte das Gas lieber ins Ausland verkaufen, das Land braucht die Devisen. «Peruanisches Gas für die Peruaner», lautet dagegen die Devise der (linksnationalistischen) Opposition, die von den NGOs unterstützt wird. Von den Millionen Tonnen CO2, die sich mit dem Wasserkraftwerk einsparen liessen, redet hier kein Mensch. Das ist nicht das Business der NGOs. In ihrer Branche lassen sich nur Kleinprojekte vermarkten, die von Idealismus zeugen und garantiert keinen Gewinn abwerfen.
Microsol – eine Kombinaten der französischen Worte für «klein» und «Sonne» – liefert massgeschneiderte Projekte für die Hilfswerke. In Bolivien sammelte Laurent praktische Erfahrungen mit Solarkochern, wie sie auch im Sortiment von Myclimate zu finden sind. Er räumt offen ein, dass die Sonnenküchen ein Flop sind: zu umständlich, zu langsam, unzuverlässig. Kein normaler Mensch richtet seine Essgewohnheiten nach den Launen der Witterung. Mit einem Offroader reiste er deshalb so lange kreuz und quer durchs peruanische Hochland, bis er in Cuzco das geeignete Objekt fand.
Es gibt zweifellos fragwürdigere Projekte als Qori Q’oncha. Wenn die Bauern weniger Rauch einatmen – und wenn es auch viel weniger sind als deklariert –, ist das sicher gut für ihre Gesundheit. Nur braucht es dazu keine Klimamillionen aus der Schweiz. Und nichts spricht dafür, dass die Dinge bei den «effizienten Kochern» in Kambodscha, den Biogas-Reaktoren für arme Bauern in Nepal oder den Windmühlen in Madagaskar besser liegen. Das Problem liegt weder beim Geld noch beim guten Willen – sondern im System: Die Projekte orientieren sich an den Bedürfnissen der Geldgeber und nicht an jenen der Empfänger, die ganz andere Sorgen haben als CO2.
Es mutet grotesk an, wenn die Indios in den Hochanden, die mit einem Bruchteil unseres Energieverbrauchs auskommen, unser CO2-Problem lösen sollten. Geradezu vermessen erscheint die Vorstellung, dass Rezepte aus Europa die Menschen in den armen Ländern lehren könnten, ihren Alltag zu meistern. Es ist, als wollte ein Blinder einem Scharfschützen sein Metier beibringen. Die Bauern in den Anden sind Meister im alltäglichen Überlebenskampf. Unter prekärsten Bedingungen haben sie gelernt, jede Marktlücke zu nutzen, die sich ihnen bietet. Auf diesem unerbittlichen Markt haben die importierten Projekte keine Chance, auf die Dauer zu bestehen.
In der Welt der Hilfswerke genügt der politisch korrekte gute Wille als Merkmal von Qualität. Wirklich innovativ ist die Branche bislang lediglich im Erschliessen neuer Finanzquellen. Das Klima eignet sich perfekt für Geschäfte mit dem (schlechten) Gewissen. Nach dem Vorbild mittelalterlicher Priester beschwören die Propheten der CO2-Apokalypse auf allen Kanälen die Klimaschuld, die wir täglich auf uns laden. Mächtige NGO-Konzerne wie Greenpeace oder WWF haben den Klimawandel zur Religion erhoben, wer Zweifel äussert, wird als Ketzer exkommuniziert. Jeder Kilometer, den wir fahren, jedes Watt, das wir verheizen, jedes Steak, das wir verspeisen, ist ein Angriff auf unsere Atmosphäre und will mit einer Geldzahlung gesühnt sein – die moderne Version des Ablasshandels, ein Bombengeschäft.
Artikel von hier

* Ankieken kann man sich einen Film darüber auch hier --- die-co2-luege-die-geschaefte-der-klimalobby


* Zu blöd zum tricksen, sind die hier
(Windige Zertifikat-Geschäfte - Fiskus um 250 Millionen betrogen)



* Geld verwetten, ähm, anlegen das heisst ja hier so... kann man auch hier
(Der Markt für Emissionsrechte wächst rasant. Auch Privatinvestoren können mitzocken. Die DWS stellt ihren Fonds allerdings schon wieder ein.)
 

* Mal den neuen Ablasshandel selbst bespielen kann man hier(Trübe Geschäfte mit CO2-Handel - Nicht nur RWE oder Vattenfall haben etwas vom Handel mit Emissionsrechten, auch die Deutsche Bank mischt mit.)


Gruß
Icke

Anregungsbild von hier

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